Es gibt schon skurrile Ideen: Dort wo einst die größte Flak-Schule Nazi-Deutschlands stand, soll auf der verwunschenen Halbinsel Wustrow in der Ostsee nicht nur ein neues Wohngebiet entstehen, sondern auch eine riesige Seniorenresidenz und ein neuer Golfplatz mit Meeresblick. So sehen es zumindest die Pläne der Fundus-Gruppe vor, die dieses Gebiet Ende der 1990er-Jahre kaufte.
Nur mit Sondergenehmigung ist das Areal zu betreten, wo die Nationalsozialisten in den 1930er-Jahren die größte Flak-Artillerie-Schule (FAS) des Deutschen Reiches errichteten. 1936 gab es hier den ersten Besuch von Adolf Hitler, 1937 folgte bereits sein zweiter Besuch, diesmal zusammen mit Mussolini. Es war ein Vorzeigeobjekt der Nazis.
Errichtet wurden die Wohnhäuser zwischen 1934 und 1938 nach Plänen des Architekten Heinrich Tessenow, dem Lehrer von Albert Speer. Dieser sollte als Generalbaumeister Hitlers Berlin zur deutschen Hauptstadt Germania umbauen. Heute verfallen die Häuser und die Natur erobert sich das Gelände zurück.
Danach verfiel die Halbinsel in einen Dornröschenschlaf. Denn weder die benachbarte Kommune Rerik noch das Land Mecklenburg-Vorpommern wollten sich das munitionsbelastete Gebiet ans Bein binden. So kam die Immobilien-Gruppe Fundus für 15 Millionen D-Mark zum Zuge.
Übrigens: Ganz so einfach ist eine zivile Nachnutzung nicht. Denn erst vor ein paar Jahren wurde nach einem schweren Sturm am Strand von Rerik Fundmunition entdeckt und 200.000 Kubikmeter Sand mussten gesiebt werden. Das Ergebnis: tonnenweise Munition wurden geborgen, später wurden an der Steilküste noch mal 339 Granaten gefunden. Eine Never-Ending-Story auch 74 Jahre nach Kriegsende.