Berlin schreibt den 12. Dezember 1827. Es ist die erste Vorlesung des Universalgelehrten Alexander von Humboldt. In der Sing-Akademie – dem heutigen Maxim-Gorki-Theater – will der große deutsche Kosmopolit seine Sicht des Universums auch den einfachen Menschen nahebringen. Fast 1.000 Menschen wollen ihn hören.
Als Aristokrat, der Humboldt nun einmal war, gelang es ihm dennoch, gesellschaftliche Schranken zu überwinden und immer wieder über den Tellerrand zu schauen. Was kaum jemand weiß: Alexander von Humboldt hatte in seiner Jugend den Revolutionär Simón Bolívar zum Freund und feierte seinen 60. Geburtstag mit dem Großvater von Lenin. Seiner Weltläufigkeit hat das keinen Abbruch getan.
Eine Stunde lang spricht der Klimaforscher von der Universität Sao Paulo. Und die Zahlen lassen einen frösteln: 62 Prozent mehr CO2 wurde seit 1990 in die Atmosphäre gepustet – damit hat sich die Konzentration des Treibhausgases in ein paar Jahren mehr als verdoppelt. Bereits 1912 hatte der schwedische Physiker Svante Arrhenius gewarnt, dass bei einer solchen Entwicklung ein sogenannter Glass-Bowl-Effekt eintritt und die Temperatur auf der Erde um fünf Grad ansteigen werde. Und dann?
Für die meisten der 400 geladenen Gäste im Gorki-Theater sind es letztlich nur Zahlen, die der Klimaforscher präsentiert. Die Wälder weltweit, so sagt er, nähmen 32 Prozent des gesamten CO2 auf. Umgerechnet heiße das, dass im Amazonas 120 Milliarden Tonnen CO2 gebunden sind. Was passiert, wenn diese Menge durch weitere Abholzung schrittweise freigesetzt wird?
Steinmeier nimmt die Humboldt-Vorlage rhetorisch auf. Er erinnert nicht nur an die Lateinamerika-Reisen des großen Gelehrten, sondern beschreibt auch die Eselsbrücke, wie man sich den Standort der beiden Humboldt-Denkmäler vor der Berliner Universität gut merken kann: links Wilhelm in Richtung Wilhelmstraße und rechts Alexander in Richtung Alexanderplatz. Aus der Richtung, wo die Sonne aufgeht. Danke für die Erleuchtung.